Tod und Trauer bei Kindern und Jugendlichen

Zwischen „Geht Sterben wieder vorbei?“ Und „Einfach so weg“

Immer wieder höre ich, dass die Kinder lieber nicht mit zur Lebensfeier, zur Beerdigung, zur Abschiednahme bei Aufbahrung oder am Sarg mitgenommen werden sollen, weil es bestimmt schlimm für sie ist und sie es ja auch nicht verstehen. Oft auch höre ich beschönigende Umschreibungen, wie „Opa ist eingeschlafen“, welche zur Erklärung der Abwesenheit der verstorbenen Person genutzt werden.

Natürlich ist es immer eine ganz individuelle Entscheidung der Familien, der Eltern und Großeltern, die ich respektiere. Die Familie kennt ihre Kinder im Normalfall am allerbesten und mir ist sehr bewusst, dass diese Entscheidung immer im besten Gedanken an das Wohlergehen des Kindes getroffen wird.
Dennoch würde ich gern die Gelegenheit nutzen und über das Thema Aufbahrung, Beerdigung und Umgang von Kindern und Jugendlichen mit dem Tod zu sprechen und ein paar Impulse von Expert*innen einbringen.

Kinder trauern anders

Kinder bis zu einem Alter von 9-10 Jahren trauern anders als Teenager oder gar Erwachsene. Das Realisieren, dass der Tod endgültig ist, ist noch nicht ausgereift. Das Konzept Tod und Endlichkeit ist abstrakt und noch nicht ganz greifbar. Die Trauer ist oft von außen weniger sichtbar und sprunghaft. Spielphasen und Lachen lösen sich schneller mit Rückzug und Weinen ab. Oft wird die Trauer im Spiel, in Bildern und Rollenspielen ausgedrückt, in Ängsten oder Bettnässen.

Die weitaus meisten Expert*innen sind sich einig, dass es wichtig ist Kinder in den Trauerprozess mit einzubeziehen, gemeinsam mit ihnen darüber zu sprechen, mit einfühlsamen, aber klaren Worten. Ihnen Fragen zu beantworten, die von emotionaler bis sehr praktische Natur reichen. Zu schauen, wo die Intention dahinter liegt und rückfragen, ob die Antwort ausreicht. Umschreibende Formulierungen wie „eingeschlafen“, „für lange Zeit weggegangen“, „verloren“ verwirren und verunsichern Kinder eher und können Ängste, Wut und Schuldgefühle hervorrufen.
„Wann kommt Opa denn wieder/wacht auf?“ oder „Warum ist Mama einfach ohne uns weggegangen?“ können dann beispielsweise als Fragen auftauchen.

Was ist wichtig?

Wichtig sei auch, ihnen anzubieten Abschied zu nehmen. Ob bei einer eventuellen Aufbahrung, bei der Trauerfeier oder einer tatsächlichen Beerdigung, weil es eben auch Kindern bei der Verarbeitung hilft. Die eigene Entscheidung der Kinder und Jugendlichen ist ganz relevant und sollte respektiert werden.
Die Unterstützung durch einen vertrauten Menschen, der Geborgenheit und Schutz vermittelt, im Idealfall selbst aber nicht so stark von der Trauer betroffen ist, hilft den Kindern dabei. Oft ändern sie kurz vorher oder mittendrin ihre Meinung und auch das sollte angenommen und respektiert werden. Die vertraute Person kann dann mit dem Kind gemeinsam hinein- oder hinausgehen und kümmert sich darum, dass Kind in dieser Situation gut aufzufangen.

Kein Kind sollte gegen seinen Willen bei einer Verabschiedung und beim Begräbnis dabei sein müssen. Es ist gut, wenn das Kind vorher vorbereitet wird, wie eine Lebensfeier abläuft oder wie ein Abschiednehmen bei der Aufbahrung abläuft und was es dort erwartet. Oft hilft es Kindern auch, wenn sie selbst etwas mitgestalten dürfen. Sie können beim Aussuchen der Blumen helfen, ein Bild malen, was dem Sarg mitgegeben werden kann. Jugendliche können, wenn sie mögen vielleicht ein Gedicht vorlesen oder die Musik mit auswählen. Gemeinsam kann der Sarg oder die Urne bemalt werden. Es gibt viele Möglichkeiten auch sie mit einzubeziehen.

Wenn Kinder und Jugendliche lieber nicht gemeinsam Abschied nehmen möchten

Wenn Kinder oder Jugendliche nicht an der Beerdigung oder der Lebensfeier teilnehmen wollen, gibt es auch immer die Möglichkeit eine eigene kleine Trauerfeier mit den Menschen gemeinsam zu veranstalten, die das Kind, die Jugendliche dabeihaben möchte. Auch ein Besuch am Grab nach der Beisetzung kann hilfreich sein und das Kind kann dort ein Licht aufstellen oder einfach nur in Ruhe und mit vertrauten Menschen Abschied nehmen.

Ein Begräbnis und eine Lebensfeier sind Abschiede, die bei der Trauerverarbeitung helfen und nicht nachgeholt werden können. Häufig werden gemeinsame Trauerrituale von Kindern auch als tröstlich und schön empfunden.

Welche Ressourcen können unterstützen?

Im großartigen Buch „Geht Sterben wieder vorbei?“ beantwortet Mechthild Schröter-Rupieper, die mit LAVIA eines der ältesten und wirklichen großartigen Angebote für Familien-Trauerbegleitung in Deutschland ermöglicht, ganz viele Fragen, die immer wieder in den Kindertrauergruppen aufkommen. Dieses Buch ist eine Herzensempfehlung, die ich auch den Familien, die ich begleite, immer wieder nahebringe. In klarer, verständlicher und zugewandter Sprache werden Fragen beantwortet, eingebettet in eine Geschichte.

Generell sind auch Trauergruppen für Kinder und Jugendliche, gut und wichtige Räume um gemeinsam mit anderen Kindern und Jugendlichen mit dem Verlust und der Trauer einen guten Umgang lernen und darüber sprechen zu können. Trauerbegleiter*innen, die speziell für die Arbeit mit trauernden Kinder und Jugendlichen geschult sind, begleiten die Gruppen und unterstützen die Teilnehmenden in ihrer Trauerarbeit,
In Niedersachsen gibt es, ebenso wie in den anderen Bundesländern, mittlerweile einige wunderbare Anlaufstellen. Im Raum Hannover beispielsweise den Fuchsbau in Ronnenberg oder Löwenzahn – Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche e.V. in Hannover.

Wie trauern Jugendliche?

Gerade auch bei Jugendlichen ist eine altersentsprechende Trauergruppe oder ein Onlineangebot sehr wichtig, Pubertät ist ja sowieso schon ein einschneidendes Erlebnis und der Tod eines nahen Menschen verursacht oft Wut- und Schuldgefühle, sowie emotionale Instabilität. Sie verschieben ihre Trauer manchmal, weil sie diese gerade gar nicht gebrauchen können und in diesem Moment schlichtweg überfordert sind. Oft lassen sie sich ihre Trauer auch nicht anmerken. Jugendliche reden häufig lieber mit ihren Freund*innen als mit den Eltern.

Sie dabei zu unterstützen, geduldig sein, ihre Wünsche nach Normalität ernst nehmen und ein offenes Ohr für ihre Wünsche und Bedürfnisse haben ist wichtig. Ebenso aber auch ein Interesse an ihrem Alltagsleben. Noch vielmehr als bei Erwachsenen oder Kindern gibt es bei Jugendlichen nicht „die“ Trauerreaktion, sondern es ist höchst individuell. Häufig dauert es Monate, bis Jugendliche über ihre Trauer sprechen können und wollen. Regelmäßige Angebote und Nachfragen ermöglichen es den Jugendlichen gleichermaßen und selbstverständlich die Angebote anzunehmen oder abzulehnen.

Schau auch gerne bei meinen Buchtipps zum Thema Tod, Trauer und neue Trauerkultur vorbei! Dort empfehle ich noch weitere wunderbare Bücher zum Thema Trauer bei und mit Kindern und Jugendlichen.