In den folgenden Zeilen geht es um das Thema Suizid. Wenn Du selbst von dem Thema betroffen bist oder es Dir nicht gut geht, findest Du hier Adressen und Links zur Unterstützung.Ganz akute Unterstützung in Krisensituationen findest Du bei der Telefonseelsorge, die auch ein schriftliches Angebot per Mail oder Chat hat, falls Dir telefonieren gerade zuviel ist. Kostenfreie Telefonnummern sind 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222 oder 116 123. Du bist nicht allein.
Warum ist das Thema Suizid wichtig?
Das Thema Suizid betrifft viel mehr Menschen, als wir auf den ersten Blick sehen. 2023 beendeten 10.300 Menschen ihr Leben durch Suizid. Laut der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention ist die Zahl dreimal so hoch wie die der im Straßenverkehr verstorbenen Menschen.Mir liegt dieses Thema als Suizidhinterbliebene sehr am Herzen.
Gerade auch, weil immer noch so viel Schweigen, Verurteilung, Scham, Unausgesprochenes im Raum stehen.
Auf der Seite der DGS findet ihr auch Gesprächsempfehlungen zur Suizidprophylaxe und seit Mai 2024 gibt es eine nationale Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung. In diesem Rahmen wird hoffentlich zeitnah die Versorgungslage im Rahmen von psychischer Gesundheitsvorsorge und akuter Krisenunterstützung deutlich verbessert.
Wir müssen gemeinsam gesellschaftlich das Tabu über Suizid zu sprechen überwinden und allen Betroffenen mit Unterstützung zur Seite stehen und psychische Erkrankungen entstigmatisieren.

Gemeinsam das Tabu und die Sprachlosigkeit beim Thema Suizid überwinden
Unterscheidet sich Trauer nach Suizid von anderen Arten der Trauer?
Komplex. Komplex ist das erste Wort, das mir einfällt, wenn es um die Trauer nach einem Suizid geht.
Komplex, weil oft zu der Trauer um den Verlust einen geliebten Menschen (die ja sowieso schon so unfassbar groß, schwer, umfangreich ist) auch noch weitere Gefühle kommen, die wir gesellschaftlich nicht mit Trauer in Verbindung bringen (auch wenn viele davon durchaus im Trauerprozess eine wichtige Rolle spielen).
Welche Gefühle neben der Trauer können eine Rolle spielen?
Oft ist da das Gefühl verlassen, im Stich gelassen worden zu sein. Als wäre ein Gespräch, eine Beziehung mitten im Satz […]
Oft ist da Wut. Wut über die Entscheidung. Wut über die Hintergründe, die zu der Entscheidung geführt haben. Wut über die Welt, die nicht mehr aushaltbar war. Wut über…
Oft sind da auch Selbstvorwürfe und Schuldgefühle. Warum habe ich es nicht verhindern können? Warum habe ich nicht genauer zugehört, hingeschaut, war da? Warum habe ich nicht…
Oft ist da Überlebensschuld. Warum bin ich noch hier? Warum musstest du gehen? Warum ging es dir schlechter als mir?
Oft ist da Scham. Denn Suizid wird im religiösen, und auch gesellschaftlichen Kontext leider noch oft mit Feigheit, Weglaufen, Schuld und Ähnlichem assoziiert.
Oft ist da auch Angst. Wird mir jemand Vorwürfe machen? Belaste ich Menschen zu sehr, wenn ich über Suizid spreche? Darf ich überhaupt darüber sprechen?
Oft ist da auch Überforderung. Zusätzlich zur sowieso schon überfordernden Situation, ist bei einem Suizid die Polizei involviert. Diese nimmt die verstorbene Person mit, sucht nach einem Abschiedsbrief, sichert persönliche Gegenstände, möchte Antworten von den Hinterbliebenen.
Es ist in Ordnung, dass diese Gefühle da sind. Wir müssen sie wahr- und annehmen, damit wir Wege finden können mit ihnen umzugehen.
Was bedeutet ein Suizid für die Zugehörigen?
Der Suizid eines nahen Menschen erschüttert die Zugehörigen oft in ihren Grundfesten, sortiert die eigenen Wertvorstellungen neu und ist überwältigend.
All dies macht die Trauer nach einem Suizid oft noch komplexer, als Trauer für sich genommen schon immer ist und erhöht das Risiko einer anhaltenden komplexen Trauerreaktion.
All das führt oft zu noch einer größeren Sprachlosigkeit, zu einer noch stilleren Trauer, in der diese Komplexität dann auch noch verstärkt mit sich selbst ausgemacht wird. Zusätzlich gibt es leider tatsächlich oft auch Störungen in der Kommunikation, ausgesprochene oder stumme Vorwürfe, mangelnde soziale Unterstützung.
Obwohl gerade jetzt die Unterstützung von Freund*innen, Familie und auch von professioneller Seite so unglaublich wichtig ist.
Unterstützung für Suizid-Hinterbliebene

Du bist, Ihr seid, wir sind nicht allein! Auch wenn das Schweigen, die Tabuisierung von Suizid es oft so scheinen lässt. Nach Schätzungen der WHO betrifft jeder Suizid im Schnitt 6 Personen, nach neueren Studien sogar bis zu 135. Lasst uns gemeinsam das Tabu und die Sprachlosigkeit beim Thema Suizid überwinden und füreinander da sein! Ohne Vorwürfe und ohne Scham.
Es gibt Unterstützung und wir dürfen sie auch annehmen!
Wohin kann ich mich wenden?
Einige weitere Anlaufstellen habe ich hier zusammengestellt:
Dein*e Hausärzt*in ist eine erste wichtige Anlaufstelle, um Dich zunächst krankschreiben zu lassen, wenn Dir das hilft. Auch besteht die Möglichkeit einer Dringlichkeitsbescheinigung für eine psychotherapeutische Unterstützung. Diese kann bei der Kostenerstattung für eine Therapie in einer privatärztlichen Praxis über die Krankenkasse helfen, wenn keine kassenärztliche Praxis Termine frei hat.
Auf den Seiten des AGUS e.V. – Angehörige um Suizid findest Du viele ganz wichtige und gute Hilfsangebote, Informationen und Selbsthilfegruppen von und für Suizidhinterbliebene. Gerade Selbsthilfegruppen, in denen Betroffene sich mit anderen Menschen in einer sehr ähnlichen Situation austauschen können, sind oft eine große Unterstützung. Gerade bei Suizid, weil die Tabuisierung hier so groß ist.
In vielen Städten gibt es Vereine für Suizidprävention, die auch Unterstützung für Hinterbliebene ermöglichen. In meiner Heimatstadt Hildesheim bietet z.B. der Verein für Suizidprävention e.V. Hildesheim ein Krisentelefon, erste Hilfe in Krisen und Trauerbegleitung für Suizidtrauernde an.
Geht es bei dem Suizid um ein Kind oder einen jugendlichen Menschen unter 18, so hat der Verein Verwaiste Eltern und Geschwister e.V. eine große Kompetenz in der Unterstützung der Familien.
Bei der Onlineplattform TrostHelden werden Trauernde zusammengebracht, die eine ähnliche Geschichte haben, natürlich auch Suizidhinterbliebene. Wem eine Selbsthilfegruppe zu groß, zu öffentlich oder auch einfach zu weit entfernt ist, kann hier im direkten Austausch im eigenen Zuhause mit Menschen in Kontakt kommen, die die Situation kennen und selbst erleben. Die Plattform wurde gemeinsam mit Expert*innen der Psychologie und Trauerforschung entwickelt und viele Menschen, die ich begleiten durfte, haben hier wichtige Gesprächspartner*innen gefunden.
Wenn die Trauer sich unerträglich anfühlt
Bei der Trauer nach dem Suizid eines nahen Menschen kann es nach Studien eher zu einer komplizierten oder sogar pathologischen Trauer kommen.
Wenn Du spürst, dass Dich die Trauer überwältigt, scheue Dich bitte nicht, Dir Unterstützung zu holen. Für komplexe Trauer bei Suizidhinterbliebenen gibt es therapeutische Angebote, Begleitung und Beratung. Du darfst das und es steht Dir zu.
Trauerfeier und Abschied
Auch und gerade bei einem Suizid ist ein Abschied und eine Trauerfeier, eine Lebensfeier wichtig, richtig und angemessen.
Als selbst Suizidhinterbliebene habe ich keine Berührungsängste mit dem Thema, kenne aus eigener Erfahrung die Komplexität der Situation und stehe an Deiner, an eurer Seite.
Gemeinsam gestalten wir die Lebensfeier ganz behutsam so, wie es für Dich, für euch in diesem Moment richtig ist. In jedem Fall ohne Vorwürfe und Scham.
Lass uns miteinander ins Gespräch kommen.
Schau Dich um und melde Dich gern bei mir: per E-Mail unter wandelworte@posteo.de oder telefonisch unter 01577 277 3010 oder 05121 306 7744.
Unter Abschied geht auch anders findest Du Ideen zur möglichen Gestaltung von Trauerfeiern und hier habe ich einige Informationen zu (alternativen) Bestattungsformen zusammengetragen.
Wenn Du Fragen zum Ablauf hast oder weitere Informationen möchtest, schau gern hier vorbei.
Meine Buchtipps zum Thema Tod, Trauer und neue Trauerkultur findest Du hier.