Der eigene Abschied & warum Vorsorge Liebe ist

Der eigene Abschied

Mascha Kaléko schreibt in ihrem Gedicht Memento „Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur, Doch mit dem Tod der anderen muss man leben.“

Ist das so?
Ist es nicht auch wichtig zu wissen, was wir uns für uns selber wünschen? Für unseren eigenen Abschied und den Weg dorthin?
Was wir jetzt schon herausfinden, vorbereiten, uns damit auseinandersetzen können, hilft vielen Menschen dabei, ein entspannteres Verhältnis zur eigenen Endlichkeit zu finden. Manchen Glücklichen hilft es sogar dabei, dass eigene Leben intensiver, bunter und voller zu leben.

Auf die Möglichkeiten der Vorsorge komme ich gleich zu sprechen.
Jetzt, in diesem Moment, möchte ich eher den Funken wachrütteln, anregen hinzuschauen, hinzufühlen. Sich die Zeit dafür zu nehmen herauszufinden und benennen zu lernen:
Was ist MIR wichtig? Habe ich Wünsche für den Abschied, wie möchte ich versorgt werden? Welche Bedürfnisse habe ich, wenn ich es zulasse und dem nachspüre? Was kommt ans Licht,wenn ich mir erlaube, mich mit meinem eigenen Tod zu befassen?

Was möchte ich?

Möchte ich vielleicht ein großes Abschiedsfest feiern, falls es eine lebensverkürzende Diagnose gibt und mich selbst von allen verabschieden können? Möchte ich bestimmte Themen in jedem Fall noch abschließen, Konflikte klären, Ungesagtes sagen?


Will ich damit warten oder will ich es vielleicht doch jetzt schon angehen? Möchte ich Briefe schreiben an meine Lieben, die sie nach meinem Tod erreichen? Vielleicht eine Tonaufnahme oder ein Video machen? Habe ich spirituelle Bedürfnisse im Zusammenhang mit dem Tod? Gibt es ritualisierte Handlungen, wie zum Beispiel das Öffnen eines Fensters, damit die Seele hinausfliegen kann, die mir wichtig sind?

Gibt es einen Soundtrack meines Lebens, den ich gern auf meiner Lebensfeier gespielt wüsste? Wie möchte ich bestattet werden?
Will ich Konfetti & Glitzer und ein rauschendes Fest in meinem Namen? Möchte ich ein ruhiges Ritual mit Licht und Musik? Würde ich gern als Apfelbaum im Garten bleiben, damit meine Enkel an mir Schaukeln können oder lieber im Meer aufgehen? Wen wünsche ich mir als Beistand?

All diese Fragen und noch viel, viel mehr unterstützen unsere Selbstwirksamkeit. Sie helfen uns bei einem liebevolleren Umgang mit uns selbst, durch ein Anerkennen und Erkennen der eigenen Wünsche und Bedürfnisse.

Warum Vorsorge Liebe ist und was wir tun können:

Sich mit der eigentlichen Endlichkeit zu beschäftigen ist schwer. Sich mit der Endlichkeit seiner Liebsten zu beschäftigen für die meisten noch viel mehr. Aber wenn wir Vorsorge und Gespräche über Wünsche und Bedürfnisse hinsichtlich Sterben und Abschied als liebevollen Akt des Umeinander Kümmerns, als Geschenk füreinander wahrzunehmen, kann es einfacher werden.

In dem Moment, wo vielleicht oder ganz sicher, das eintritt, wovor wir uns fürchten, ist es eine große Erleichterung zu wissen und im Idealfall sogar schriftlich zu haben, was unsere Liebsten sich wünschen. Vor allem auch, damit wir in ihrem Sinne handeln können. Gerade bei Unfällen oder schweren Krankheiten ist es eine große Erleichterung, wenn es Patient*innenverfügungen, Bankvollmachten, Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen gibt. Sie helfen uns zu wissen, wie wir handeln sollen und auch dabei, den Wunsch unserer Liebsten zu erfüllen. Wird eine Organspende gewünscht ist auch eine wichtige Frage. Zwar gibt es seit Anfang 2023 ein befristetes Ehegatten-Notvertretungsrecht für Gesundheitsangelegenheiten, aber es ist inhaltlich und zeitlich befristet und eben auch nur für Verheiratete.

Welche Unterlagen sind wichtig?

Nach dem Tod eines nahen Menschen ist der Papierkram erstens eh schon mehr als genug und zweitens auch so ziemlich das letzte, mit dem wir uns befassen möchten. Zu wissen, wie sich dieser nahe Mensch seinen Abschied gewünscht hat, welche Musik gespielt werden soll, welche Form der Bestattung gewünscht wurde, ob es vielleicht sogar schon ein Bestattungsinstitut gibt, mit dem bereits eine Absprache getroffen wurde, hilft in dieser Situation ungemein.

Gibt es vielleicht eine Sterbegeldversicherung oder einen Bestattungsfond, der die Kosten trägt? Wurde hinterlegt, wer für die Totenfürsorge zuständig sein soll? Wenn nichts hinterlegt ist, regelt das Bestattungsgesetz die Reihenfolge der zuständigen Personen, wenn wir also eine bestimmte Person dafür wünschen, ist es wichtig, dass wir es rechtzeitig schriftlich festhalten. Gerade wenn wir vielleicht mit unserer Ursprungsfamilie kein gutes Verhältnis haben, ist es gut, wenn wir die vertraute, nahe Person benennen, die im Sterbefall in unserem Sinne für die Bestattung zuständig ist. Die Kosten der Bestattung sind übrigens trotzdem von den Erbberechtigten zu tragen.

Wichtig ist auch, dass die Vorsorgevollmachten, Patient*innenverfügungen, Bestattungsvorsorge und die Benennung der für die Totensorgezuständigen nicht mit dem Testament hinterlegt werden, sondern vorher zugänglich sind, da das Testament erst deutlich nach der Bestattung eröffnet wird.

Weitere wichtige Fragen sind auch was mit dem digitalen Nachlass passieren soll, wer sich um die geliebten Katzen kümmern wird, welche Versicherungen zu benachrichtigen sind und vieles mehr – all diese Fragen können wir miteinander im Vertrauen und in Liebe besprechen und schriftlich festhalten, beglaubigen lassen, wo es nötig ist. Wir können diese Informationen auch in einer passwortgeschützen Cloud hochladen und diesen Link oder zumindest die wichtigsten Informationen darüber wer informiert werden soll, was wo zu finden ist auf einer Karte im Portemonnaie mit uns tragen.

Finanzielle Aspekte

Wenn es uns wichtig ist, dass die Kosten für unsere Beerdigungswünsche gedeckt sind, können wir Sterbegeldversicherungen abschließen oder mit einem Bestattungsvorsorge-Treuhandkonto dafür sorgen, dass das Geld definitiv für die Bestattung zur Verfügung steht und nicht für etwaige Pflege eingezogen wird. Eine angemessene Bestattungsvorsorge ist vor dem Zugriff des Sozialamtes geschützt. Wenn wir schon wissen, bei welchem Bestattungshaus wir uns nach dem Tod gut aufgehoben wissen, können wir auch direkt ein Sterbegeld-Konto in Verbindung mit einem Bestattungsvorsorgevertrag einrichten. Auch dies ist ein liebevoller Akt für unsere Nächsten, denn Geldsorgen erleichtern die Zeit der Trauer nicht.

Warum Vorsorge Liebe ist

Je mehr wir vorsorgen, schriftlich festhalten, besprechen, desto leichter machen wir unseren Liebsten die erste Zeit der Trauer, weil wir ihnen damit Zeit geben und das Wissen, in unserem Sinne zu handeln. Das ist ein Akt der Liebe und Fürsorge.

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